Architektur & Abenteuer

12. Dezember 2018

Sebastian Treese über Einflüsse, Inspirationen und die Wurzeln seines Entwurfs beim Ludwigkirchplatz.

Das neue Apartmenthaus ist ein Exot und ein Einzelgänger wie die umliegenden Häuser: Hier gleicht kein Haus dem anderen. Traufhöhen springen so wie die Architektur der Fassaden. Das ALEXANDER sucht die Nähe zur Berliner Backsteintradition, wie wir sie vor allem von industriellen, gewerblichen oder öffentlichen Gebäuden kennen.

Auf den ersten Blick könnte es ein Museum privater Sammler sein, ein Ateliergebäude oder ein Institut wohlhabender Gelehrter mit kultivierten Salons. Ein mäandrierender Sockel aus hellem Naturstein verbindet den Bau mit dem Straßenraum und formuliert präzise die Kubatur des Hauses, auf dem sich ab dem ersten Stock das „Gebirge“ der übrigen Geschosse in die Höhe entwickelt. Diese oberen Etagen umhüllt rustikaler Torfbrandziegel im Dünnformat und mit dunklen Fugen.

Buero Sebastian Treese Architekten
Architekturmodell Emser Straße
Erlesenes Fassadenmodell des ALEXANDER aus rötlicher Kirsche und mit hellem Ahornsockel im Maßstab 1:60

Erlesenes Fassadenmodell des ALEXANDER aus rötlicher Kirsche und mit hellem Ahornsockel im Maßstab 1:60

Drei Eingänge markieren die Adresse Emser Straße 36, bis zu vier Meter tiefe Vorgärten schirmen sie ab. Schwarz lackierte Stahlbalkone und Holz-­Alu-Fenster erinnern an klassische Kontorhäuser und lassen die Großzügigkeit der Wohnungen erahnen. Das Haus entwickelt seine Kraft aus der Vertikalen: immer weiter vorspringende Risalite, viergeschossige Bögen und das expressive Staffelgeschoss machen das Haus auch architektonisch und baukonstruktiv zu einem Abenteuer. Auf technisch höchstem Niveau realisiert RALF SCHMITZ ein hochmodernes Gebäude, dessen 42 Wohnungen Rückzugsorte im urban­-kosmopolitischen Leben sind.

So außergewöhnlich wie das Haus ist auch die Idee zum Garten des ALEXANDER. Schon zur vorletzten Jahrhundertwende im Zuge der Erweiterung Berlins hatte man sich romantischer landschaftlicher Bilder bedient (wovon viele visionäre Beiträge für den „Wettbewerb Groß­berlin 1908/10“ zeugen), um eine gesunde Stadtstruktur mit hoher Wohn-­ und Lebensqualität zu schaffen. Im Sinne dieses Naturgedankens und der Gleichzeitigkeit von Metropole und Grünraum bedienen wir uns des Gartenmotivs: als Collage aus exotischen wie einheimischen Pflanzen in einer hochkultivierten Landschafts­- und Gartenarchitektur im rückwärtigen Hof.

Das Gebäude findet in diesem einzigartigen Jardin Exotique seine eigene Identität. Die Wohnung als Refugium innerhalb eines fantasievollen Kosmos in Abgrenzung zur städtischen Wirklichkeit ist das treibende Motiv im Entwurf des ALEXANDER. So lautete auch die Aufgabenstellung für die Königliche Gartenakademie, die wir für das Weiterentwickeln und Umsetzen dieser Idee gewinnen konnten. Der üppige botanische Hofgarten wird ein Ort für alle Bewohner, er kann grüne Kulisse, duftende Ruheoase oder privates Universum sein.

Emser Strasse 36 Gitterwerk Modell
Fenster, Brüstungen und Gitterwerk des Modells sind aus geschwärzter Bronze gefertigt

Fenster, Brüstungen und Gitterwerk des Modells sind aus geschwärzter Bronze gefertigt

Staffelgeschoss Alexander

Auch die allen Bewohnern zugänglichen Bereiche des ALEXANDER haben sozusagen das Gewand des namengebenden Weltenforschers, Abenteurers und Sammlers von Humboldt übergestreift: in dieser „Kleidung“ finden sich Relikte erträumter Reisen. So werden die Eingangshallen und Treppenhäuser zu exotisch-­museal anmutenden Räumen, ähnlich wie etwa im berühmten Londoner Wohnhaus des Architekten Sir John Soane, das er für seinen erlesenen Fundus an Modellen, Zeichnungen und Gemälden umbaute.

Büro Sebastian Treese Architekten
Zu Besuch im Büro von Sebastian Treese Architekten

Zu Besuch im Büro von Sebastian Treese Architekten

Mit dem Innenarchitekten Oliver Jungel konnten wir das Versprechen der äußeren Erscheinung des Hauses auch im Inneren einlösen, denn auch dort wird das Thema des exotisch-­üppigen Hofgartens aufgenommen: opulente Pflanzkübel aus Stein, hölzerne Ventilatoren, aufwendige Wandbehandlungen und schließlich das samtig­dunkle Farbkonzept machen das ALEXANDER zu weit mehr als einem bürgerlichen Wohnhaus in sehr guter Lage. Humboldts feine Grafiken hängen an den Wänden der Treppenhäuser, in Vitrinen findet sich Skurriles aus fernen Ländern und bildet auf jeder Etage eigene kleine Welten. Die Erschließung des Hauses wird so zu einer täglichen Reise. Durch ihre prächtige Ausstattung verwandeln sich Foyers und Treppenräume zu fast privaten Innenräumen und zeugen spannungsvoll und aufregend von ausgefallenem Luxus. Das ALEXANDER – ein moderner Kosmos en miniature.